Einer verbreiteten Ansicht zufolge sah sich das Christentum in der Aufklärung Einwänden ausgesetzt, die vom Standpunkt einer ihm fremden — neuzeitlichen — Rationalität aus entwickelt wurden und daher als nachronistisch und unangemessen zurückzuweisen sind. Tatsächlich jedoch griffen Religionskritiker der Aufklärung immer wieder auf Argumente zurück, mit denen bereits in der Spätantike Philosophen wie Kelsos, Porphyrios, Hierokles und Julian Apostata aus einer zeitgenössischen Perspektive dem Christentum entgegengetreten waren. Der Einfluss dieser spätantiken Philosophen auf die Religionskritik der Aufklärung wird exemplarisch anhand der Debatten über die Autorität der biblischen Offenbarung, der Wunderdiskussion und der Auseinandersetzung mit dem christlichen Moralverständnis dargestellt.